Samstag, 14. Februar 2009

Der kleine Prinz (Lost: Die vierte Folge der fünften Staffel)

Hugo Reyes ist nicht der kleine Prinz.


Wenn man davon ausgeht, dass die genialen Autoren von Lost, um sich die komplexen Geschehnisse ihrer eigenen Serie vor Augen zu führen, ein großes Lost-Playmobilland in ihrem Büro aufgebaut haben, auf dem Professor Mobilux und seine Freunde den Aufenthaltsort der Lostaways und Oceanic Six angeben, dann ging es in dieser Folge hauptsächlich darum die Insulaner ein bisschen näher zur Orchid Station zu rücken und die in und um Los Angeles zerstreuten Oceanic Six samt Ben und einer Handfeuerwaffe (und ohne Hurley) an einem gemeinsamen Treffpunkt zu vereinen.
The Little Prince ist eigentlich nur eine Art Brückenepisode, die vor allem damit beschäftig ist bestimmte Situationen und Konstellationen herbei zu führen, die für den weiteren Fortgang der Geschichte entscheidend sind. Und es gehört zu den großen Qualitäten von LOST, dass selbst solche Folgen eine spannendere, außergewöhnlichere und bewegendere Geschichte erzählen als die besten Episoden der meisten anderen Serien.

The Little Prince hat einiges an emotionalen und intellektuellen Schocks zu bieten. Da wäre zum Beispiel die Storyline um Aaron und Kate. Grundsätzlich wird hier erklärt, wie Ben durch seinen Anwalt Norton (großartige Szene, in der Sayid Ben fragt wer Mr. Norton sei und Ben in diesem stinknormal vergnügten Serienkillertonfall antwortet "He's my lawyer.". Das war super. Wie allerdings fast jede Sekunde mit Michael Emerson seit seinem allerersten Auftritt als Henry Gale aus Minnesota.) entweder verhindern will, dass Aaron zurück auf die Insel kommt oder Kate durch das plötzliche Aufsehen um Aaron so sehr verunsichern möchte, dass sie bereits ist zur Insel zurückzukehren. Die Art und Weise wie die vermeintliche Auftraggeberin Nortons, Claires Mutter, als falsche Finte mit ins Spiel gebracht wird ist für Lost nur gewöhnlich fulminant. Aber die Tatsache, dass Norton bzw. Team Ben/Eloise Littleton gegen Oceanic Airlines unterstützen scheint plausibel und interessant.

Die Insel-Action besitzt letztenendes jedoch einen größeren Spannungsfaktor als die Geschehnisse in L.A.. Auch wenn Sayid nach der spektakulären Handhabung einiger dreckiger Messer und einer Geschirrspülmaschine schon wieder eine sehr gelungene halsbrecherische Choreographie hinlegt, Ben die gleiche Spannung durch einen einzigen Blick oder ein paar Worte erzeugt, Jack Shepard in seinem leicht angeschlagenen Pillenentzugsstatus (plus der obligatorischen nahen Verortung am Wasser) einfach nur heiß aussieht und Kates storyline in diesem Fall gar nicht so nervt wie man es teilweise gewohnt ist. Die Tatsache alleine, dass Jack und Co mit Ben zusammen auf einmal in Los Angeles und der normalen Welt miteinander sprechen oder durch die Gegend laufen erzeugt bei mir jedes Mal ein Gefühl von Spannung und zeigt wie großartig die Chemie zwischen den Schauspielern und den Charakteren ist. Die Oceanic Six haben einfach so intensive Dinge miteinander und jeder für sich durchgestanden, dass sich die Problematik ihrer eigenen Motivationen und psychischen Last ihrer Vergangenheit in jeder Szene noch auszahlt. Dass ist vor allem deswegen ganz gut, weil die Entwicklung der Charaktere zur Zeit eher ein bisschen pausiert.

(Auch wenn Hurley nur eine einzige wahnsinnig lustige bis lächerliche Szene in dieser Folge hatte, Miles immer mehr einfach nur zur Wiedergabe zynischer Oneliner verdammt wird und Sun in klitzekleinen Augenblicken ihr seltsames Bündnis mit Widmore voran treibt während Desmond in dieser Folge überhaupt nicht auftauchte, ist es erstaunlich und bewundernswert wie die Autoren es in den gegenwärtigen Folgen meistern allen fünfzigtausend Charakteren in der Show gebührend Raum zu geben. )

Auf der Insel passieren dann letztendlich auch die wirklichen emotionalen Kracher. Die direkte Konfrontation mit den Stationen der eigenen Vergangenheit auf der Insel, vor allem jener Nacht, in der Kate Claire hilft ihr Kind zu gebären und Locke in einer scheinbaren spirituellen und pragmatischen Sackgasse in Form des verschlossenen Hatch-Fensters angelangt um göttliche Hilfe fleht, ist einfach nur großartig.

Wenn ich mir an den Tagen nach der Ausstrahlung der letzten Lostfolge die ein oder andere Folgenzusammenfassung im Internet durchlese ist das hauptsächlich eine Konfrontation mit meiner eigenen Dummheit. Die Ajira-Airways-Flaschen sind also von den Oceanic Six, die einige Minuten (falls es diese Zeiteinheit im Zeitstrudel gibt) später Locke und Co verfolgen und beschießen? Wieso bin ich da nicht selbst drauf gekommen? Denn diese Schlussfolgerung liegt ja noch relativ stark auf der Hand. Anders verhält es sich mit der Bemerkung, dass C. Lewis Faradays Tochter ist. Wie kommt man um Himmels Willen da drauf? Wegen einer kleinen Anspielung in einer Dialogzeile?

Ich bin gespannt wie sich Jins Rendezvous mit Juno Rousseau entwickeln wird. Die große Frage ist natürlich: Erinnert sie sich später noch an ihn?
Was ich mich ganz abgesehen davon auch frage ist: Werden wir irgendwann einen Zeitreisegrund für Jacks und Desmonds mysteröses scheinbar schicksalhaftes oder auch zufälliges Treffen bei ihrem Stadionlauf vorgeführt bekommen?

Wenn ich Glück habe werde ich mir THIS PLACE IS DEATH heute Nacht noch zu Gemüte führen. Und dann gibts auch noch eine kleine Rückschau auf bzw. Feier von Galacticas großartiger Rückkehr zu alter Form in BLOOD ON THE SCALES. Ah, geile Folge. Aber mehr dazu später. Jetzt muss ich mir erst einmal den rosa Bademantel raus legen.

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