Mittwoch, 19. Januar 2011

Hölle zugefroren: US-Sender THE CW adaptiert DANNI LOWINSKI

Der amerikanische Kabelsender THE CW wird die Sat-1 Serie Danni Lowinsky adaptieren. Laut diesem Bericht der Medienseite DWDL ist das die erste Adaption einer deutschen Serie von einem us-amerikanischen Sender seit der Erfindung des Rads.

Natürlich hätte sich The CW auch das Geld sparen, den Titel ändern und einfach so tun können als ob man zufällig oder sogar schon vorher genau die selbe Idee gehabt hätte.* Sie haben sich allerdings für die legale und anständige Variante entschieden, bei der man Geld bezahlen muss und so.

Was Annette Frier mit Kathy Bates gemeinsam hat und warum deutsche Serien so deprimierend langweilig sind ...diese Fragen bewegen mich zu Äußerungen und Ausschweifungen unmoralischer Länge. Deshalb musste ich den Rest hinter folgendem Klick verbergen:


Lustigerweise wurde ich (wo wir gerade beim Thema Stromberg, Plagiat und so sind) ein bisschen stutzig als ich auf tvline  von Harry's Law, der neuen Serie von David E. Kelly (Erfinder/Autor von Ally McBeal, Boston Legal) las: "The series stars Oscar winner Kathy Bates as Harriet Korn, a patent attorney whose bad attitude lands her on the street, where she ultimately sets up a storefront law firm-slash-shoe store." 

Ich weiß nicht ob es die Tatsache war, das ich diesen Artikel Minuten nach der Nachricht mit der Adaption von Danni Lowinski las aber irgendwie besteht hier doch eine gewisse Ähnlichkeit. 

(Übrigens: YAY, KATHY BATES! ) Danny Lowinski ist (laut Wikipedia) "eine gelernte Friseuse, die das Abitur an einer Abendschule nachgeholt und das Zweite Staatsexamen in Jura erfolgreich absolviert hat. Nun will sie als Rechtsanwältin arbeiten, findet auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt jedoch keine Stelle."

Ich hab erst eine Folge DL gesehen aber darin war erkennbar, dass sich ihr Büro mehr oder weniger illegal in einer Ladenpassage/Shoppingmall befindet. Lowinski setzt sich anscheinend für den kleinen Mann oder die kleine Frau (ohmeinGott, gibt es eine Zwergenfolge!?) ein und fällt durch ihr unangepasstes Auftreten vor Gericht und auch sonst überall auf.

Letztenendes ist wohl die Figur der weiblichen Außenseiterin, die auf sich alleine gestellt neu anfangen muss, das Einzige, was die Konzepte von Marc Terjung und David E. Kelly verbindet. Terjung gilt, als Schöpfer von "Edel & Starck" und "Die Anwälte", ja so ein bisschen als der deutsche David E. Kelly. Und mal ganz abgesehen davon, dass es sich in beiden Fällen eben um Anwaltsserien handelt ist es doch interessant, dass sich hier beide Autoren recht ähnliche Grundkonstanten ausgedacht haben.

Aber wahrscheinlich ist es sinnvoller auf die Unterschiede beider Serien zu schauen. Kelly beschreibt seine Show im Gespräch mit tvline noch weiter: “I’ve seen the show characterized as being about a woman who leaves her high-paying job to fight for the little guy, and that’s really not the case,” (...) “It’s about a woman who got kicked out onto the street and the little guy is the only client she can get at the beginning. As she moves up – and as Jenna carves out a successful shoe store – you will see more diverse clients.”

Manch eine oder einer mag sich fragen "aber wo sind die hinter Klokabinen versteckten Geheimzimmer? Wo die exzentrischen Charaktereigenschaften und psychischen Defekte?  Und wo ist Sex und Gender (potentieller Caféname?)? Alles da. Bzw. Letzteres ist da. Kathy Bates' Figur Harry galt nämlich mal als Mann. So. Und jetzt wo das auch geklärt ist muss ich sagen, das Ganze klingt doch einen Tick spannender als "Danni Lowinski". Aber eben auch ganz anders.

Die Einteilung in unterschiedliche Genres ist bei Fernsehserien meiner Meinung nach sowieso noch schwieriger als bei Filmen. Viele der besten Serien brechen Genrekonventionen auf und sind und bleiben die einzige Serie ihrer Art.

Das hat wahrscheinlich auch damit zu tun, dass verdammt viele Zuschauer und gute Bedingungen zusammen kommen müssen, damit eine Serie auch erst mal ein paar Staffeln oder überhaupt erst eine ganze Staffel lang laufen kann und darf. Wie auch immer. Oft vergleicht man am Ende dann doch nur Äpfel mit Birnen.
(Im Gegensatz zu einem Vergleich zwischen, sagen wir mal, (BBCs) The Office und Stromberg.*)

Danni Lowinski ist eben keine Schöpfung David E. Kellys sondern Marc Terjungs. Und ein Erfolg für das Erzählen origineller cleverer Geschichten in einem Land, das mit der hundertsten wiedergekäuten Fassung des immer selben Krimis überhäuft ist. Danni Lowinski ist nicht nur eine universelle sondern auch eine deutsche Geschichte. Mit Menschen, die unsere Sprachen und Dialekte sprechen. Landschaften, Verhältnisse und Situationen, in denen wir uns ganz konkret wieder finden können.

Zur Zeit gibt es mehr vielversprechende amerikanische Serien, als ich überhaupt sehen kann. Aber es ist etwas anderes Charaktere so reden zu hören wie ich es jeden Tag seit 20 Jahren in der Schule, in der Uni, in meiner Familie, unter Freunden, beim Einkaufen oder in der S-Bahn höre, als Menschen eben nur so zu hören und zu sehen wie ich es aus anderen Serien oder dem Fernsehen kenne.

Eines der Dinge, die mich an INGLORIOUS BASTERDS so faszinierte war die Tatsache, dass ein riesiger Batzen des Films tatsächlich auf deutsch war. Meine Freude darüber hat nichts mit nationalistischer Gesinnung zu tun. Es hat aber etwas zu tun mit emotionaler Realität und der tiefen sinnlichen Verankerung von Sprache. Und mit dem Bund der Realität meines Lebens und der fiktionalen Realität der Geschichte die mir erzählt wird.

Inzwischen dürfte die erzählerische Kraft seriellen Erzählens im Fernsehen niemandem mehr ein Geheimnis sein. Und doch spürt man als Zuschauer und ...ich sag mal Kunde des deutschen Fernsehens nicht gerade Leidenschaft für qualitativ hochwertiges serielles Erzählen, wenn man Verantwortlichen der Sender zuhört oder ihre Interviews liest.

Danni Lowinski ist vielleicht ein Lichtblick und macht hoffentlich einigen Programmplanern und Redakteuren Mut ungewöhnlichere und ehrlichere Geschichten seriell zu erzählen. Aber wir brauchen uns auch nix vor zu machen, was die Ambitionen der Sender angeht.

Nehmen wir beispielsweise Franz Beckmann. Er ist für die Vorabend-Programmgestaltung der ARD verantwortlich. Es ist ein kleines Beispiel für das Verständnis des seriellen Erzählens, das bei öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern scheinbar weit verbreitet ist: 


[der Auszug stammt aus einem Interview, das DWDL mit Franz Beckmann zur Umgestaltung des Vorabends in der ARD führte: ]
>>
Das Grundkonzept regionaler Krimi wurde kürzlich als „Crime and Smile“ konkretisiert. Was darf man sich darunter vorstellen?

Die ARD hat eine große Stärke in der Serienkompetenz, die wir künftig auch wieder im Vorabend ausspielen wollen. Es wäre töricht, die Stärke in der regionalen Ausprägung, die wir nachweislich jeden Sonntag mit dem „Tatort“ belegen, nicht auch an anderer Stelle zu nutzen. Wenn wir in der fiktionalen Farbe dann auch noch das Thema Humor etwas stärker herausarbeiten als andere Sender, dann haben wir ein Format, das zum Vorabend passt und von dem wir hoffen, dass es mit etwas Zeit und Feinjustierung sehr stark werden kann. Es wird aber – und das muss ich immer wieder betonen – ein Prozess sein, der über mehrere Jahre gehen wird.
 (....)
Aber schlägt der regionale Krimi nicht in eine ähnliche Kerbe wie die „Soko“-Reihe, „Notruf Hafenkante“ oder die „Rosenheim Cops“?

Der Markt am Vorabend ist doch verteilt und es geht darum, etwas anzubieten, das es noch nicht gibt. Wir werden bei uns eher die Humorfarbe betonen, weil wir hier die Marktlücke vermuten. Dabei schauen wir nicht auf einen einzelnen Sender, sondern es gibt Schnittmengen zu verschiedenen Anbietern. Wir machen schließlich keine "Soko" oder "CSI:Miami", sondern etwas, das es momentan nirgends gibt. Quiz und Humor sind die Themen, die wir im Ersten momentan setzen können.


Sie sprachen davon, dass die neuen Serien Verbindungen in das Hauptprogramm und zu den Dritten schaffen sollen. Wie soll die Verbindung aussehen? Bekommt eine „Tatort“-Nebenfigur ihr Spin-Off im Vorabend?

Nicht ganz, denn wir orientieren uns nicht nur inhaltlich am Modell „Großstadtrevier". Es geht auch um die Produktion und ihre Finanzierung. Das „Großstadtrevier“ hat seine Erstausstrahlung im Vorabend und wird sehr erfolgreich im Dritten des NDR wiederholt. Gleiches gilt für Hauptabendserien des Ersten: Wenn sie in das Profil des Vorabends passen, könnten wir sie auch dort spielen. Es ist für mich auch nicht einsichtig, warum zum Beispiel die „Verbotene Liebe“ in längerer Fassung nur im Vorabend laufen könnte. Momentan suchen wir nach Konzepten, wie wir diese Inhalte auch in andere Programmflächen integrieren oder in den Dritten spielen können,  wo sie auch noch mal punkten können.<<

Das einzig Positive, das ich diesen Sätzen entnehmen kann ist, dass laut Michael Seewald und diesem FAZ Artikel die Chance besteht, dass die Serie "München 7" von Franz Xaver Bogner (dem meiner Meinung nach besten Fernsehmacher in Deutschland) evtl. am Vorabend in der ARD laufen könnte.

Obwohl die eigentliche sinnvolle Entscheidung wohl wäre München 7 zwischen 20.15 Uhr und 22.45 Uhr in der ARD auf einem dieser Sendeplätze zu bringen auf denen sonst so inspirierte Serien wie "Familie Dr. Kleist" gesendet werden.

Ziemlich geil ist auch die plötzliche Entdeckung des Humors in der ARD.

In ihren Antrittsinterviews hat Monika Piel vor kurzem davon gesprochen, dass im WDR ein neuer Tatort geplant sei, der im Pott spielen soll und (deshalb) als herausragendes Eigenschaft vor allem lustig sein soll.

 Hahahahah Hahahah Hahahah Hahaha. Hahaha. Haahaha. Hahhahahhaaahahhahaa.

Wenn die wichtigsten Grundüberlegungen bei der Programmentwicklung eines Senders für neue Serien die prägnanten Aspekte wie "regional" oder "lustig" sind, dann brauch man sich nicht wundern wenn Serien dabei rauskommen, die ungefähr so originell sind wie eine Tupperdose.

Ach. Diese Leute deprimieren mich. Und deshalb höre ich jetzt auch lieber auf. Gute Nacht. Im wörtlichen und sprichwörtlichen Sinn.



* Der Stromberg Faux-Pas ist wirklich eine Sternstunde dummer Dreistigkeit oder dreister Dummheit und Arschlöchrichkeit und auf irgendwie amüsant. Im Internet finden sich auffällig wenige Spuren und Beweise des Ideenklaus von 2004. Ricky Gervais schreibt auf seiner Seite "I must say I was very surprised when I saw the new unauthorised version. It's not like the Germans to just march in and take something that isn't theirs.", Der Vorfall findet Erwähnung in dem deutschen sowie dem englischen Wikipediaeintrag aber Quellen werden keine genannt. Mich würde es interessieren ob Pro Sieben tatsächlich vorgab das Konzept basiere auf einer eigenen Sitcom-Idee von '99. Haha. Der Neger hat meinen Fahrschein gefressen. (In diesem Fall wohl nicht.)



** Im Sinne der Fairness muss ich sagen, dass Stromberg ja dann doch zügig eigene Wege eingeschlagen hat. (Gervais' Original existierte ja gar nicht so lange.) Ich mag die Serie trotzdem nicht. Herbsts Stick ist so überraschend und unterhaltsam wie ein Pfannkuchen und in den Folgen die ich gesehen habe waren die Spannungsbögen und Geschichten so uninteressant entwickelt wie in den meisten anderen deutschen Serien auch. Ich will aber gar nicht mehr Negatives dazu sagen, weil Stromberg durch seinen Status als nicht-Krimi-Serie trotz aller Vergehen gegen den Menschenverstand in meinen Augen unter Naturschutz stehen sollte.

2 Kommentare:

TraumEngel hat gesagt…

Stromberg fand ich anfangs schon ziemlich genial - so die erste halbe Staffel etwa. Danach wurde mir von Folge zu Folge der Fremdschämaspekt zu groß und so wirklich was Neues kam dann auch nicht mehr.
Dies gilt übrigens auch für The Office und Extras von Ricky Gervais. Wobei letztere Serie ja nur so wenige Folgen hat, dass sich meine Begeisterung erst ab Mitte der zweiten Staffel legte - also kurz vor Ende! :-)

Ansonsten stimme ich Dir zu: Deutsche vs. Amerikanische Serien, da stinken die meisten heimischen Produktionen gnadenlos ab.
Auch was "Krimis" im weitesten Sinne angeht: Der Tatort mag lange Tradition und viele Fans haben, aber gegen die Dramatik und Storyentwicklung einer Serie wie the Shield sieht er im wahrsten Sinne alt aus!
Mag aber auch daran liegen, dass es im Grunde doch gänzlich verschiedene Genres sind...

lg,
Sebastian

Johanna hat gesagt…

Hab ich erwähnt, dass unter allen Kommentierenden Sachpreise im Wert von 0 bis 5 Cent verlost werden? Außerdem erinnern mich Kommentare auch immer mal wieder daran die Posts vorher auf Fehler zu überprüfen. Danke.

Mich irritiert es einfach, dass bei den Verantwortlichen der Sender oft nicht mal die Ambition oder die Kompetenz spürbar wird eine Serie zu entwickeln, die neues Terrain auslotet und Menschen begeistert, Identifikationsfiguren schafft etc...(und nebenbei bemerkt KEIN Krimi ist).

Wenn im gleichen Satz von Marktlücken und Krimis gesprochen wird weiß ich gar nicht ob ich lachen oder weinen soll.
Nun ja. Das wird sicherlich nicht der letzte Post zu diesem Thema gewesen sein!