Mittwoch, 7. März 2012

BR FTW!

Heute Abend gibt es gleich zweifachen Grund zur Freude, wenn es um fiktional eingeleitete Zerstreuung und Eskapismus geht.

Zum einen feiert die Neuauflage von Franz Xaver Bogners Fernsehserie "München 7" in der ARD ihre Premiere. Franz X. Bogner ist einer der wenigen Autoren und Filmemacher in diesem Land, der seine Geschichten fast ausnahmslos in der Form von Fernsehserien erzählt. Serien die klug, unterhaltsam und überraschend sind. Insofern ist er eine Art Nationalheiligtum. Oder sollte es sein.

Ohne seine Serie über das Lebensgefühl junger bayerischer Dorfbewohner in den 70ern "Irgendwie & Sowieso" wüsste ich nicht, wie sich Pathos in einer deutschen Serie überhaupt anfühlen kann. Pathos findet Bogner in den Absurditäten und Phänomenen des Alltags. Seine Figuren begegnen den Dilemmata und Gegensätzen des Lebens oft sehr eigensinnig. Insofern ist ein großer Unterschied zu den üblichen öffentlich-rechtlichen Serienfiguren schonma, dass dieser eigene Sinn jenseits von zwei Charaktereigenschaften überhaupt existiert.

Im Gegensatz zu den meisten deutschen Fernsehautoren ist das von F.X. Bogner be- und geschriebene Leben nicht banal, mittelmäßig und langweilig sondern bunt,  unvorhersehbar und von schräger, aus der Echtheit der Figuren hervorgehender Komik durchzogen. Während ich bei der Mehrheit der Figuren im Fernsehen keinerlei Ähnlichkeiten zu den Menschen feststellen kann, die ich kenne, kommen mir die Verhaltensweisen der Bognerschen Unikate häufig bekannt vor. Zum Beispiel der resolute Starrsinn von Ruth Drexels Wirtshausbesitzerin Paula in "Zur Freiheit":




Die Erzählbögen in "Irgendwie und Sowieso" lassen an Konsequenz vielleicht das ein oder andere zu wünschen übrig, manche Szenen wirken auch mal ein wenig senitmental. All das kann man und muss man vielleicht einfach mal in Kauf nehmen um zu sehen was an seriellem Erzählen im Fernsehen auch in den 80ern eigentlich möglich war. In folgendem Clip bekommt man nicht nur eine Ahnung, welche Fernsehkarrieren in dieser Serie gestartet wurden sondern auch inwiefern Franz Xaver Bogner der vielleicht einzige Fernsehmacher ist, dessen Musik (in diesem Fall von Hans Jürgen Buchner/Haindling) beim Nachhören noch Bilder Geschichten, die sie einst begleitete vor Augen führen kann.



Franz X. Bogner ist zudem, warum auch immer, einer der wenigen Autoren im deutschen Fernsehen, dessen Dialoge nicht hölzern und unglaubwürdig klingen und neben Rhythmus und Poesie auch eine eigene Dramaturgie entwickeln:


"München 7" kommt ab heute Abend jeden Mittwoch um 18:30 Uhr in der ARD. Wollen wir einfach mal hoffen, dass die Serie nicht ver-Heitert-und-Tödlicht wurde. Die plötzlich aufgewertete Rolle von Christine Neubauer kam mir schon etwas seltsam vor. Wir werden sehn

Außerdem heute Abend: Die letzte Folge von "Der letzte Detektiv" um 20.03 Uhr auf Bayern 2 (88,4). Ich bin vor einigen Monaten zufällig beim Kochen auf eine Folge des letzten Detektivs gestoßen und war augenblicklich ziemlich verdutzt und begeistert. Science-Fiction wird im deutschen Radio und Fernsehen nicht gerade gepflegt. Wenn man mal auf auf so etwas, wie Science-Fiction trifft dann ist es entweder ziemlich billig gemacht oder in etwa so künstlerisch ambitioniert und unterhaltsam wie ein Wikipediaeintrag. So richtig Spaß macht es jedenfalls selten. (Bei allem Respekt für die Ambitionen von Ijon Tichy!) Der Titelheld, der "letzte Detektiv" Jonas, ist eine dem Film Noir nachempfunde Ermittlerfigur mit einer eigenwilligen schroffen Persönlichkeit. Begleitet wird Jonas von einem klugscheißenden Roboter. Die tendenziell satirische Erzählung ist eine Mischung aus lupenreiner dystopischen Science-Fiction und mitunter persiflierten Aspekten von Isaac Asimov, Stanislav Lem und Douglas Adams. In mancher Hinsicht erinnern die Scherze und aberwitzigen Einfälle des Autors Michael Koser auch an die Welten Walter Moers'.

Die Pointen sind auf jedenfall zahlreich und sehr erfreulich und die Inszenierung der Hörspiele lassen, was die Atmosphäre der abgefuckten futuristischen Welten und deren Figuren angeht, nichts zu Wünschen übrig. Insgesamt handelt es sich hier wirklich um Unterhaltung, wie man sie in ihrer Kurzweiligkeit und Treffsicherheit vor allem aus heimischen Gefilden höchst selten erlebt.

(Einige Hörspiele der Reihe kann man auf Itunes erstehen. Am Donnerstag Abend wird die Folge um 21h wiederholt.)



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