Montag, 25. Oktober 2010

SCOTT PILGRIM gegen den Rest der Welt (!) *update

UPDATE SCHMAPDEIGHT [dramatischer Cue]:

Das Problem nimmt Form an. Anscheinend koppelt der Verleih (Universal Pictures) die Herausgabe seiner Kopien an die Bedingung, dass der Film täglich gezeigt werden muss. Dass solch eine Verpflichtung jedoch für ein kleines Kino ein zu hohes Risiko darstellen kann, ist wohl selbstredend. Jeder Firma ist ihre Geschäftsstrategie natürlich selbst überlassen.

Allerdings solltet ihr es den Verleih und/oder die Kinos wissen lassen, wenn ihr den Film im Original oder generell sehen wollt und dazu keine Möglichkeiten habt!

Bei den Fünf Filmfreunden kann man neben dieser Adresse noch eine speziellere Anschrift in Erfahrung bringen. Viel Spaß dabei.




SCOTT PILGRIM läuft in Frankfurt zur Zeit in einem einzigen Kino. Auf deutsch. Nach den relativ bescheidenen Besucherzahlen in den Vereinigten Staaten war es keine Überraschung, dass die Comic-Verfilmung der Graphic Novel-Reihe Bryan Lee O'Malleys von Edgar Wright (Twitter) hierzulande mit einer begrenzten Anzahl von Kopien an den Start gehen würde, wie es vermutlich der Fall ist. Dabei könnte es die Sorte von Film sein, die in fünf Jahren auf DVD zu so einer Art pseudo-Geheimtipp wird. Schön wäre es allerdings wenn man solch einen Film auch dort sehen könnte, wo er hin gehört, auf einer großen Leinwand im Kino.






Vielleicht wird mich SCOTT PILGRIM VS THE WORLD auch enttäuschen. Aber das würde ich gerne herausfinden. Die Jahre meiner naiven ungebremsten Vorfreude auf bestimmte Filme sind leider gezählt. Aber die Euphorie für etwas, hinter dem ein visionärer Geist zu stehen scheint bleibt.

Ich mag sowohl Wrights bisherige Filme (HOT FUZZ und SHAUN OF THE DEAD) als auch die Fernsehserie (SPACED), bei der Edgar Wright durchgängig Regie führte ganz gerne*. Die Regie bei SPACED ist tatsächlich eine Offenbarung von Wrights Talenten und Fähigkeiten. Bei Fernsehdramen rechnet man inzwischen ja schon eher mit inszenatorischer Rafinessen. Ich habe allerdings noch keine Sitcom gesehen, die so souverän beeindruckend und extravagant inszeniert war wie SPACED.(Beispiel.)

Selbstverständlich würde auch Wrights extrovertierte Regie nichts nützen, wenn SPACED nicht so lebensnahe und tatsächlich lustige Geschichten über Menschen Anfang 20 erzählen würde. Das ändert nichts daran, dass Story und Stil bei SPACED wunderbar Hand in Hand gehen. Nicht zuletzt ist Wright ja auch selbst Autor vieler Fernseharbeiten und schrieb zusammen mit Simon Pegg das Drehbuch zu SHAUN OF THE DEAD. (Unter anderem schrieb er auch mit anderen Autoren an der Tim und Struppi-Adaption von Steven Spielberg!!)

Das Gespür für die Geschichten ist das, was ihn von Regisseuren unterscheidet, die zwar alle möglichen Tricks mit der Kamera und so drauf haben aber keinen blassen Schimmer davon haben wann was davon auch angebracht ist und welche Geschichte sie eigentlich erzählen.




Wright zählt zu den interessantesten Regisseuren unter 40. Das vermeintliche Problem an der ganzen Sache und vielleicht auch ein Grund dafür, dass der Film a) in Frankfurt von den kleinen Kinos nicht gezeigt wird und b) in der FAZ lediglich mit drei Sätzen** abgehandelt wurde sowie auch sonst in der breiten Öffentlichkeit und Filmberichterstattung größtenteils ignoriert wird ist ziemlich offensichtlich: Die Filme Edgar Wrights tragen allesamt den Geek- bzw. Genrestempel. Shaun Of The Dead war eine Zombiefilm-Parodie/Liebeserklärung. Hot Fuzz eine Parodie/Liebeserklärung auf Polizei- und Actionfilme.

Julia Binder schrieb in ihrer Kritik für Bayern 3 (eine der wenigen Kritiken, die ich fand, als ich nach SP auf der ard-Seite suchte):
"Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt" ist ein gewagter, wirklich gut gemachter Film, in dem viel Detailarbeit steckt. Er ist sicher nichts für die breite Masse. In gewissen Kreisen wird er aber wahrscheinlich zum besten Film des Jahres ernannt."
Das Problem ist glaube ich aber weniger, dass es sich bei SP um einen klassischen Nischenfilm handelt. Vielmehr befindet sich der Film um die mediale Unterstützung zu erhalten, die andere "Nischenfilme" bekommen, einfach in der falschen Schublade. Nämlich der mit der Aufschrift "Nerds/Geeks". Mal ganz abgesehen davon, dass ich mir nur schwer vorstellen kann, dass die Film-Adaption wirklich nur von Menschen gemocht werden kann, die sich einwandfrei mit Computerspielen und Mangas auskennen, so wie bspw. Binder es in der oben verlinkten Kritik erwähnt. Ich habe keinen blassen Schimmer von Beiden und liebte die Geschichten um Scott und Ramona und vor allem den Humor, mit dem die Comics durchzogen sind.

Was die wenigen Kritiken beschreiben ist genau die Art von interessanter Ausnahmeerscheinung, über die man in den Medien berichten müsste und die in kleinen Kinos gezeigt werden könnte. Aber, oh Schreck, ist der Film nicht doch irgendwie zu sehr im Mainstream verhaftet? Schließlich handelt es sich um eine Studioproduktion. (Und nicht mal um eine, die vorgibt ein Independentfilm zu sein, und in der Indie-Sparte eines großen Studios erscheint, sondern einen ganz geouteten Studiofilm.) Und sahen wir da nicht Actionszenen im Trailer? Oh Weh! Ich kann verstehen, dass sich Filmkritiker über 40 nicht von einem Film über 23-jährige** angesprochen fühlen aber das sollte sie nicht daran hindern darüber zu schreiben.

Nun ja.

Kommen wir also zur Kinosituation in Frankfurt, eigentlich der Grund diese leicht ausufernde Tirade hier zu verfassen. In Frankfurt leben Tausende von Studenten. Das perfekte Zielpublikum für SCOTT PILGRIM. Und trotzdem zeigt Keines der kleineren Kinos den Film.
Auch hier wieder das gleiche Problem. SP ist einerseits ein Nischenprodukt, andererseits irgendwie sehr poppig und riecht nach Mainstream.

Und so zeigt das Orfeos Erben lieber irgendwelche Eso-Streifen. Und das Cinema am Roßmarkt wählt als Film, der aus dem Indie-Programm heraus sticht lieber Eat Pray Love aus, als etwas, das tatsächlich originell ist. Den Berger-Kinos hingegen will ich eigentlich gar keine Vorwürfe machen. Die zeigen Inception im Original, Uncle Bonme Recalls His Past und auch noch Enter The Void. Das Berger hat seine Pflicht getan, würde ich sagen. Das Kino HARMONIE zeigt Exit Through The Gift Shop (ich glaube das ist der gleiche Besitzer wie der des Cinemas), was auch sehr anständig ist. (Niemand sonst zeigt den Banksy-Film) Aber wäre nicht auch noch irgendwo Platz für SCOTT PILGRIM?

Die Kinolandschaft in Frankfurt ist eigentlich ziemlich vorbildlich und abwechslungsreich. Zusätzlich zu den eben aufgezählten Kinos gibt es noch das Studentenkino PUPILLE (was sicherlich Scott Pilgrim zeigen wird, ....in einem Jahr oder so) und das Kino im Filmmuseum wo regelmäßig alte Filme zu sehen sind. Als vor kurzem das einzige Originalkino in Frankfurt, der Turmpalast, schließen musste habe ich versucht optimistisch zu bleiben.

Die Technik des Turmpalasts war nicht zuletzt ziemlich alt und marode. Ein perfektes Kinoerlebnis sah -trotz des Originalangebots und der urigen Atmosphäre- in vielen Fällen anders aus. Leider tat die Cinestar-Kette, der der Turmpalast gehörte nichts um das Kino aufzuwerten. Jetzt existiert es nicht mehr und das Cinestar Metropolis versucht mit Originalversionen weniger Filme nachzuhelfen. Auch hier von Scott Pilgrim keine Spur.



Es gibt weitaus wichtigere Dinge als die Verfügbarkeit eines Films in den Kinos einer Stadt. Aber es gehört zu den Dingen, die unser Leben verschönern und inspirieren können dazu wie alle anderen Geschichten und Künste, Töne, Bilder, Museen, Restaurants und Theater. Ich will auch nicht behaupten, dass ein Film vor allen anderen zu sehen sein muss. Aber es sollte in einer Stadt, die sich als Metropole beschreibt Platz sein für fast alles. Ist es aber scheinbar nicht. Hinzu kommt, dass gerade die Ziel-Altersgruppe von SP übermäßig viel Kino übers Internet konsumiert. Ich denke es wäre recht klug diese Leute mit Filmen, in denen sie sich wiederfinden und die ein ansehnliches Spektakel auf die Leinwand bringen auch wieder ins Kino zu locken.



[Mehr Scott Pilgrim auf First Snow.]


* Ich mag zwar beide Filme aber weder HOT FUZZ noch SHAUN OF THE DEAD gehören zu meinen absoluten Lieblingsfilmen. Dafür berühren die Geschichten, die sie erzählen nicht stark genug. Vielleicht ist das bei Scott Pilgrim jetzt anders.


** Die FAZ beschrieb SCOTT PILGRIM als Teeniefilm. Ich weiß nicht ob im Zuge der emerging adulthood die "Anfang zwanzig" das neue Teenageralter sind aber die Protagonisten des Films sind hauptsächlich Slackerfilm-Personal Anfang bis Mitte zwanzig.

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